Männer sprechen Testosteron und Frauen Östrogen
Heute schon gelacht? Bei WENN FRAUEN FRAGEN am Kleinen Theater kommen Frauen wie Männer voll auf ihre Kosten. Dass danach niemand beleidigt ist, liegt an der pointiert-charmanten Akkurarität – jeglicher Widerstand ist zwecklos.
Es gibt Dinge, an denen kommen wir nicht vorbei. Deshalb quellen die Regale in Bücherläden und Bibliotheken auch mit Titeln wie „Männer sind anders. Frauen auch.“ oder „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“ über. An der allgegenwärtigen Geschlechter-Debatte haben sich aber nicht nur Hobby-Psychologen*innen und diplomierte Vertreter*innen ihrer Zunft versucht. Auch der*die eine oder andere Autor*in war dabei und einer davon bringt als Kabarettist und Schauspieler sogar noch Bühnenerfahrung mit. Mit WENN FRAUEN FRAGEN hob Horst Schroth den Gender-Diskurs auf die Bühne und stößt – landauf, landab – auf sehr viel Gegenliebe.
Es ist eine temporeiche Ein-Mann-Show, die Edi Jäger im restlos ausverkauften Saal des Kleinen Theaters mit WENN FRAUEN FRAGEN bietet. Zahllose Vorurteile im Gepäck – bekannte und neue – macht er sich als Alleinunterhalter auf und wird prompt zum Dr. Sommer-Team des Abends. Freilich ist dieses Team auf nur eine Person reduziert, das tut der Unterhaltung allerdings keinen Abbruch. Im Gegenteil, E. Jäger zückt E-Mail um E-Mail und schlüpft nimmermüde in die unterschiedlichsten Rollenklischees, um sie ungeniert und mit sichtlicher Spielfreude zu demontieren. Dabei werden essentielle Fragen erörtert wie „findest du mich zu dick?“ oder warum Männer mit einer Schmutzblind-Schwäche geschlagen zu sein scheinen. Der Hobby-Psychologe auf der Bühne weiß Rat und teilt sympathisch nach allen Seiten aus. Gerne auch mit eindrücklichen Fallbeispielen; in unglaublicher Sprechgeschwindigkeit lässt er zwei Freundinnen nach einem Friseurbesuch aufeinandertreffen und über den neuen „Stufenhaarschnitt“ philosophieren. Die Sätze nehmen schon beinahe Bernhard’sche Dimensionen an, wenn jedes dritte Wort in den endlosen Satzkonstrukten, nein, zwar nicht „Burgschauspieler“ aber immerhin „Stufenhaar-schnitt“ ist. E. Jäger in der Rolle des fiktiven E. Jägers nennt diese angeblich weibliche Eigenschaft liebevoll „kommunikative Kompetenz“. Die dauert gefühlte fünf Minuten, in denen der Schauspieler auch noch im Nanosekundentakt seine Perspektiven wechselt. Das ganze Thema aus Sicht eines Mannes? Zwei bis drei knappe Sätze beziehungsweise Wörter reichen völlig aus. Pointierte Beobachtungen mit Wiedererkennungswert wie diese unterhalten das Publikum vorzüglich.
Schon gewusst? Frauen wuseln und Männer wohnen. Außerdem laborieren Männer öfters an einer unangenehmen Krankheit, der Aussprech-Sperre. Die wird besonders in gefühlslastigen Situationen zu einem tatsächlichen Problem und ist der Grund, warum ihnen Dinge wie „ich liebe dich“ einfach nicht über die Lippen kommen wollen. In launiger Kabarett-Therapie-Runde werden diese und ähnliche Äußerungen gut gelaunt seziert und rekonstruiert. Das bedeutet für den Ein-Mann-Schauspieler Höchsteinsatz. Den stemmt E. Jäger mit spielerischer Leichtigkeit. Wenn er sich ans Publikum heranpirscht, um live Fallstudien zu betreiben, ist die Begeisterung groß. Spontan eingestreute Pointen steigern die Heiterkeit zusätzlich. Wunderbar gelungen ist auch die Übertragung des Kabaretts nach Österreich. Die Inszenierung am Kleinen Theater wird von einem lockeren (meistens) österreichischen Sprachkolorit geprägt. Einmal sind die fiktiven E-Mail-Absender in Kärnten, einmal in Tirol. Sogar an den Schweizer und Sächsischen Dialekt wagt sich der versierte Mime. So viel Spielfreude und sprachlicher Einsatz wird belohnt.
Dass es bei WENN FRAUEN FRAGEN Opfer gibt, ist klar, auf tatsächliches Blutvergießen wird allerdings verzichtet. Stattdessen tritt Wunderbares ein: Die Persiflierten freuen sich über die pointierten Persiflagen und die Verballhornten über die getroffenen Verballhornungen. Der Applaus am Ende des Programms ist dementsprechend euphorisch, allerdings wird der eine oder Mann auf dem Heimweg vielleicht die eine oder andere unangenehme Frage beantworten müssen. Für den Input darf er sich dann bei Edi Jäger bedanken – per E-Mail, so viel Zeit muss sein. 😉
Fotonachweis: Christian Hartmann
by