Krawall im Buchregal
Peter Blaikners musikalische Kinderstück „Das Büchergeheimnis“ feierte am Schauspielhaus Salzburg Uraufführung. Endlich Nachschub für die nächste Generation Theaterbesucher:innen – und der bleibt mit Regisseur Benjamin Blaikner sogar in der Familie.
Wer Bücher hat, ist niemals einsam – und wer den Blaikners folgt, dem geht nie der Stoff aus. Jetzt haben sie es wieder getan und machen diesmal sogar gemeinsame Sache. Peter Blaikner hat mit seinen musikalischen Kinderstücken bereits Generationen mit Ohrwürmern versorgt: Von „Der Ritter Kamenbert“ über „König Badeschwamm“ oder „Das Hausgeisterhaus“ hat jeder Jahrgang seinen eigenen Blaikner-Moment, an den gerne zurückgedacht wird. Jetzt gibt es mit der Uraufführung seines neuesten Kinderstück „Das Büchergeheimnis“ endlich Nachschub, und diesmal bleibt die Produktion sogar in der Familie. Regie führt Sohn Benjamin Blaikner, der bereits auf ein stattliches Oeuvre an Theatertexten zurückblicken kann und als Spielleiter die kreative Richtung vorgibt.
In aller Plot-Kürze
Frau Fink, Besitzerin der Buchhandlung Buchfink, kämpft mit sinkenden Buchverkäufen. Da hilft es auch nicht, dass ihr treuester Kunde Herr Buchner lieber ein Buchgeschenk erhält, als mit leeren Händen nach Hause zu gehen. Die Nachbarn Jo und Ko haben jedoch andere Pläne und möchten die Buchhandlung in einen Motorradladen umwandeln. In einer magischen Nacht beschließen die Bücher, angeführt von Atlanta, Gröni und Herr Wörter, mit rätselhaften Zeichen einen Schatz zu finden und die Buchhandlung zu retten. Unterstützt von der Karambakatze Susi und Muskelkater Waldemar entdecken sie die Kraft der Freundschaft, die Macht der Worte und den Reiz des Abenteuers zwischen den Seiten.
Schräger Haufen mit Charme
Wo Blaikner draufsteht, da ist auch Blaikner drin. „Das Büchergeheimnis“ ist ein Stück voller Sprachspielereien, das weiß, was Kindern Freude bereitet. Sprechende Namen gehören da selbstredend zum Standard, mit denen sich besonders viel Schabernack treiben lässt. So kreieren Frau Fink und Frau Sperling immer neue Vogelarten im Dialog, um sich gegenseitig auf die Palme zu bringen und enden eloquent mit „aber die hat doch einen Vogel“. Den haben hier alle ein bisschen. Es ist ein wunderbar schräger Haufen, der in der Buchhandlung aufeinander trifft. Ratlos ist da aber nicht nur Jo Ratlos (Amun Greiss), der das junge Publikum als lässig cooler Bösewicht in Atem hält.
In Motorrad-Ninja-Outfit erinnert Jo an den Ober-Ungustl Fürst Quastenflosse aus „König Badeschwamm“. Genau wie der greift auch Jo zur Nervensäge-Keule, während er sich mit Ko (Leah Geber) kabbelt und ihr die Regeln diktiert. Regel #1: Widerspreche niemals deinem Chef – und der ist natürlich Jo. Besonders gelungen ist der erste Auftritt der beiden, mit lässigem Hüftschwung und euphorischem Körpereinsatz. Frau Fink (Anna Malli) und Felix Buchner (Rene Eichinger) lassen es da schon sehr viel ruhiger, aber entzückend verpeilt angehen. Sie sind das Paradebeispiel zweier Bücherwürmer und punkten mit kleinen, aber feinen Slapstick-Einlagen.
Talentierter Nachwuchs
Das Setting für „Das Büchergeheimnis“ bildet ein symmetrisch etwas aus den Rudern gelaufenes Bücher-Bühnenbild mit liebevollen Details (Ausstattung: Fabian Lüdicke, Dramaturgie: Tabea Baumann). Sehr praktisch, die variablen Türen und besser versteckten Fenster. Dahinter verbergen sich amüsante Details wie ein Paar Katzenaugen, das zu Karamba Katze Susis (Hannah Schitter) Song im Rhythmus tanzt. Susi ist der heimliche Star, neben den anthropomorphisierten Büchern oder ihrem humorigen Sidekick Muskelkater Waldemar (Rene Eichinger). Abenteuerlustig pirscht sich die kecke Katze durch die Buchhandlung, sorgt bei Ko für Unmut und macht sich schließlich höchstpersönlich auf Schatzsuche. Dabei trifft sie auch auf Waldemar, herrlich dargestellt von Rene Eichinger – mit falschem Sixpack und fürchterlichen Reimen im Gepäck, die aber für höchste Erheiterung bei den Kindern sorgen und das Prädikat Blaikner² tragen sollten. Sprachspielereien liegen den Texten der beiden Blaikners einfach im Blut.
Das mit den Reimen lässt sich sogar steigern, wenn Jo ganz einfach das Testament seines Onkels verspeist, damit die Buchhandlung an ihn übergeht. „Nicht fressen, nur schauen“ konstatiert Felix Buchner kurz darauf, und schon folgen Worteskapaden auf Wörter wie ‚Klo‘ oder ‚Buchstabendurchfall‘, was das junge Publikum hörbar begeistert.
Sehr gelungen sind aber auch die Kostüme der vier Bücher, die sich in sperriger Schmökermanier nur seitlich oder geradeaus bewegen können. Leah Geber, Jana Rieger und Amun Greiss verleihen ihnen eine wunderbare Figurenzeichnung mit lauter liebevollen Ticks und Spleens. Dass es sich bei den Schauspielenden des Kinderstücks um Schüler:innen der hauseigenen Schauspielhausschule handelt, hat in Salzburg Tradition. Dass dabei nicht immer jeder Ton sitzt, ist nachvollziehbar, dafür funktioniert das mit dem Spiel umso besser – und wenn man es nicht wüsste, käme man vermutlich nicht auf die Idee, dass hier die Schüler:innen auf der Bühne stehen.
Fotonachweis: Jan Friese
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