„Liberty Street“ – OFF Theater Salzburg
Das OFF Theater in Salzburg beendet die Spielzeit mit Frauenpower und der Eigenproduktion „Liberty Street“: Kapitalismuskritik at its finest. Hingehen, ansehen!
Geld regiert die Welt und in der Liberty Street macht sie das besonders ungeniert. Oder zumindest wäre das der Plan, wenn da nicht das Salzburg OFF Theater in der Eichstrasse wäre. Das dreht dem Kapitalismus mit seiner neuesten Eigenproduktion „Liberty Street“ eine lange Nase und serviert Pointen perfekt auf den Punkt. Dass das sogar bilingual gelingt, liegt an einem Schauspielerinnen Quartett mit Sinn für Tempo und das Gegenüber.
Am Anfang war das Wort und das Wort war bei der Gier, und das Wort war Gier
Tatsächlich begann alles mit Bananen und Kühen. Zumindest soweit man den vier Frauen Glauben schenken darf, die sich in der Liberty Street auf die Spur des Geldes setzen. Ohne dem sei man förmlich nackt, was die vier zugleich versinnbildlichen. In verschiedenen Phasen der Unterwäsche stehen sie da und leiten das Stück pantomimisch ein. Worte eingangs fehl am Platz, später dafür umso zahlreicher. Tatsächlich ist es ein clowneskes Geschehen, das sich hier entfaltet. Die ersten Tauschgeschäfte finden statt und plötzlich, nach einer zirkusreifen Zaubernummer, sind alle im Dollar-Jogging-Look ausgestattet. Da leuchtet nicht nur das Grün der Scheine, sondern auch der Silberstreifen am Blouson.
„Liberty Street“ ist ein Schauspielerinnen gewordener Metaphern-Traum. Hier traben alle vier wie artige Lämmchen hinter ihrem Hirten her, wenn der Koffer mit dem Reichtum musikalisch lockt. Dort wird die Bürokratie des Bankbetriebs als psychodelischer Business-Trip mit Spuren von Kafka, Asterix‘ Passierschein A39 und Da-laust-dich-doch-der-Affe Reminiszenzen persifliert. Während Janna Ramos-Violante anfangs euphorisch, später resigniert und schlussendlich demotiviert durch den gigantischen Gebäudekomplex stapft, dann ist das schon böse, aber auch ach so treffend. Wie überhaupt das ganze Stück. Was auch daran liegen könnte, dass dafür eigentlich keine Vorlage existierte. Konzept und Idee stammen vom Ensemble. Anzunehmen also, dass das Stück im Spiel entstand. Dass die Mitwirkenden dafür brennen, ist „Liberty Street“ anzumerken, das vor frechen Details, kessen Pointen und liebevoller Bilingualität sprüht. Das wirkt ansteckend.
Was so alles geschieht, in der Liberty Street
In „Liberty Street“ läuft dramaturgisch alles richtig (Spielleitung Alex Linse & Jenny Szabo) und das psychedelische Treiben wurden in ein kohärentes Ganzes gepackt. Selbst die Songs haben alle ihr passendes Szenen-Deckelchen gefunden. Mit Anja Clementi, Janna Ramos-Violante, Caroline Richards und Marena Weller hat das OFF Theater zudem vier Powerfrauen am Start, die sich perfekt ergänzen. Egal ob der Kopf im Gemüsekistl jetzt im sehr woken Tonfall ’self-care‘ proklamiert (köstlich Marena Weller) oder fast schon orgasmusartige Zustände erlebt, bei dem Gedanken an die nächste Bestellung (herrlich Anja Clementi). Monologe greifen nahtlos und perfekt ineinander über. Aktuelle Diskurse werden aufgegriffen und ohne Genierer ins Groteske getrieben, dass es eine Freude ist und spätestens beim goldenen Kalb und ihrem Geld-Ooom-Kurs zu akuten Lachattacken führt. Bei dem inbrünstigen Muhhh Shaka Laka von Janna Ramos-Violante aber auch wenig verwunderlich; gelungen die Ausstattungsidee mit den Wolken-Matten, mit denen sich zwei der Damen peinlich berührt verdrücken (Bühne: Florian Strohriegl).
Das alles klingt wahnsinnig lustig und es ist auch, diese Persiflage auf den Kapitalismus. Gleichzeitig ist es nicht nur Übersteigerung, sondern auch eine Blaupause und damit eigentlich schon wieder tragisch-komisch – schließlich rückt es das Geschehen gefühlstechnisch in den Graubereich. Dass Geld dann doch nicht glücklich macht, ist die recht offensichtliche Botschaft von „Liberty Street“. Dafür wurden auch Vlogs in die Produktion eingestreut, die dank des richtigen Schnitts alle auf das gleiche Ergebnis hinauslaufen. Bisweilen ist es schwer zu sagen, was sich da auf der Bühne gerade entfaltet. Kapitalismusfarce, Motivationskurs oder einfach nur ein abgefahrenes Off Theaterstück? Herrlich die Szene, wenn Caroline Richards mit Dollars um sich wirft. Alsbald fällt das Publikum in den Geld-Chor ein – und muss sich gestehen, ja, das mit der Gier, das ist tatsächlich ein Hund.
Fotonachweis: Taro Ebihara (Sujet), OFF Theater (im Fließtext)
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